Im vergangenen Jahr hatten wir die Möglichkeit, mit dem deutschen Schriftsteller Titus Müller über seine Buchreihe „Die Spionin“ zu sprechen. Anlass war die Veröffentlichung vom zweiten Band „Das zweite Geheimnis“.
Das komplette Interview könnt ihr euch hier anhören. Die interessantesten Fakten und einige Eindrücke vom Drehtag haben wir ebenfalls zusammengetragen. Viel Spaß beim Schmökern!
Hauptsache Lesen!
Titus Müller, herzlich willkommen! Wir dürfen Sie in einer 70er-Jahre-Kulisse auf dem Studiogelände in Babelsberg begrüßen. Entstehen solche Räume beim Schreiben auch in Ihrem Kopf? Wie müssen wir uns das vorstellen? Wie viel Kopfkino ist dann auch beim Schreiben eines Buches dabei?
Titus Müller
Ich versuch das, klar. Ich will ja auch, dass die Leserinnen und Leser sich in solchen Räumen wiederfinden. Und oft macht man das über kleine Details. Zum Beispiel in der Küche diese Milchschläuche, wo oft diese Ständer nicht die richtige Größe hatten, und das schwappte dann so, wenn man versucht hat zu gießen. Oder die Milchflaschen, wo man oben diesen Deckel glattrubbeln wollte. Solche Kleinigkeiten, die erinnern dann an die Zeit damals und man ist gleich wieder dort gelandet.
Hauptsache Lesen!
Wir wollen ja heute über das zweite Geheimnis – Ihr neues Buch – reden, kommen aber nicht drumherum, auch den Vorgängerroman „Die fremde Spionin“ zu erwähnen. Es geht ja um eine Trilogie und ihre junge Romanheldin. Vielleicht können Sie uns ganz kurz beschreiben Worum geht es, ohne zu viel zu verraten?
Titus Müller
Die Trilogie spannt sich so von Mauerbau bis Mauerfall, 1960 bis 1989. Im ersten Band ist Ria, 20 Jahre alt. Sie hat einen tollen Job als Sekretärin im Ministerium für Außenhandel und innerdeutschen Handel der DDR bekommen. Ihr Chef heißt Schalk. Den kennen wir als Schalck-Golodkowski. Aber damals hieß er einfach nur Schalk. Ria ist nach außen hin ein ruhiger Mensch, aber in ihr drin brodelt es, weil ihre Familie, als sie zehn Jahre alt war, auseinandergerissen wurde. Ihren Vater und ihre Mutter hat man inhaftiert, sie und ihre Schwester kamen in getrennte Pflegefamilien. Jetzt sucht sie ihre Schwester, und da wird sie vom Bundesnachrichtendienst angesprochen.
Hauptsache Lesen!
Bei all der Spannung in den Büchern. Es gibt auch sehr viele intensive Momente, gerade wenn es um Gefängnis Szenen geht, wenn es um Verhörmethoden geht. Wie ging es Ihnen da beim Schreiben?
Titus Müller
Ich musste ja, um das schreiben zu können, Verhörprotokolle lesen und mir vorstellen: Wie hat sich ein Mensch in der Situation gefühlt? Es gibt sogar Audioaufnahmen, wo Stasi-Leute jemanden verhören oder jemanden anzuwerben versuchen, wo man sich das anhören kann. Und das ist echt! Da bekommt man wirklich eine Gänsehaut. Auch wenn man in Hohenschönhausen ist, über die Flure geht und durch die kleinen Gucklöcher in die Zellen schaut und denkt: Da hätte ich auch landen können, wenn es mit der DDR noch weitergegangen wäre.
Hauptsache Lesen!
Sprechen wir doch noch einmal ganz kurz über einige besondere historische Begebenheiten, die ich sehr interessant fand. Es soll Poststellen der Stasi gegeben haben, in denen die Mitarbeiter Kittel Ihnen Taschen tragen mussten?
Titus Müller
Das war am Nordbahnhof. Da gab es eine Stahltür, und dort musste alle Post abgegeben werden, die dann einmal über die Stasi-Schreibtische ging – 40 Räume, 80 Mitarbeiter. Diese Kittel der Mitarbeiter hatten tatsächlich keine Taschen, weil die ja auch Geld aus den Umschlägen nehmen sollten und es sich nicht einstecken konnten. Ich finde das so fies: Da ist man schon bei der Stasi, zu zweit in einem Zimmer, und dann haben sie immer noch kein Vertrauen.
Hauptsache Lesen!
In dieser Trilogie gibt es immer wieder Szenen mit historischen Figuren, die mir beim Lesen besonders viel Spaß gemacht haben. Im ersten Band ist es das Kaffeekränzchen bei den Honeckers und im zweiten Band sind es die Geschenke bei Staatsbesuchen. Wie viel Wahrheit steckt dahinter, und wie viel Spaß hat Ihnen das Schreiben dieser Passagen gemacht?
Titus Müller
Ich hatte als Kind in unserem Klassenzimmer immer ein Bild von Erich Honecker vor Augen. Es war ja fast wie ein Heiligenbild. Man durfte nichts drüber sagen, keine Witze machen. Ihn jetzt auch mal tollpatschig zu zeigen, das macht mir einen Riesenspaß gemacht. Honecker brauchte ein Geschenk für Breschnew, ganz kurzfristig, weil Breschnew tatsächlich im Westen einen Mercedes bekommen sollte. Den hat Breschnew auch tatsächlich kurz danach gegen einen Baum gefahren, weil er betrunken war und vom Treffen bei Willy Brandt kam. Bei Honecker fand ich spannend. Er hat ja tatsächlich von Fidel Castro eine ganze Insel bekommen, vor Kuba vorgelagert.
Anbei der Link zur Buchreihe